KUR - FILMTHEATER |
Bad Wörishofen (Bayern), Kneippstr. 4b
eröffnet: | 23.04.1953 E5323 |
geschlossen: | 1986 |
Sitzplätze: | 476 (1953/1983) |
Architekt: | |
Betreiber: | Celio
dal
Cin 1953-1958 M. Grünzweig, J. Schuhbauer 1958-1961 J. Schuhbauer 1962-1979 Celio dal Cin 1979-1982 Erich Siebzehnrübel 1983-1986 |
Das Kurfilmthater wurde am 23.04.1953 eingeweihtals Neubau andere Stelle des historischen Kreuzersaales. Bauherr und Betreiber bis 1958 war Celio dal Cin und Ehefrau Sofia, geborene Kreuzer.
Das Kino wurde von der
Kneippstraße aus betreten. Den Gast nahm zuerst eine weite Halle
auf, in der er Kasse und Garderobe fand. Rings an den Wänden
waren Vitrinen verteilt, in denen namhafte Geschäfte des
Heilbades ausstellten. Elegante Leuchten verbreiteten festliche
Lichtfülle. Durch ein Foyer verteilte sich der Besucherstrom im
Halbrund in den Theatersaal mit seinen 476 Sitzplätzen und in
der Mitte zur Loge. Die Wände des Saales waren in zartem
Maisgelb mit Faltenwurf gehalten. Die Logen wirkten in dem neuen Charming-Rot
mit Atlasmuster äußerst vornehm. Alle Plätze hatten
Rückenpolster, die Sperrsitze Flachsitzpolster, die Logen Sessel
mit Schlaraffia-Hochpolster. Die erste Sitzreihe war noch 8 Meter
von der Leinwand entfernt, so daß auch von dort noch gute
Sichtmöglichkeit bestand. Die Bühne wurde durch einen goldfarbenen Vorhang abgeschlossen. Der ganze Saal war diskret indirekt
beleuchtet und verfügte über eine Klimaanlage. W5222
Die technische Einrichtung bestand aus einem Philipps-Vorführgerät mit Beck-Licht und einer Philipps-Tonanlage.
Bereits zwei Jahre nach der Eröffnung, also 1955, rüstete man um auf Cinemascope. 1958 bot man sogar Fernsehübertragungen auf eine eigene 1,60 x 1,20 große Leinwand an, um z. B. Fußballspiele einem größeren Publikum zugänglich machen zu können. Wie weit sich das wirklich bewährt hat, ist nicht bekannt. Auch die bespielbare Bühne samt Orchestergraben wurde wohl nur in den 50er Jahren gelegentlich genutzt.
In den 70er Jahren spielte man sämtliche Schulmädchen- und Lederhosenklamotten rauf und runter, ansonsten waren viele alte Filme aus den 50er und 60er Jahren im Programm, z. B. Heimatfilme und vor allem immer und immer wieder der Wasserdoktor.
1983 kam Bad Wörishofen deutschlandweit in die Schlagzeilen, weil der Film "Das Gespenst" von Herbert Achternbusch, den Pächter Erich Siebzehnrübl ins Programm aufnahm, aufgrund des enormen Drucks von kirchlich-konservativen Kreisen abgesetzt werden mußte. Der Vermieter drohte mit Kündigung des Vertrages, der Bürgermeister, Pfarrer und Pfarrgemeinderat liefen Sturm, die Leserbriefspalten waren voll. Schließlich gab es sogar Morddrohungen. Nach einigen Monaten wurde dann auf Initiative des Kleinkunstvereins und der örtlichen SPD der Film doch noch gezeigt. Die Zuschauer mußten durch ein Spalier von Demonstranten und die Kirche organisierte Sühneandachten!
Erich Siebzehnrübl übernimmt sich mit der Übernahme der Elisenhofkinos in München und geht 1986 in die Insolvenz. Damit ist auch das Schicksal des Kurfilmtheaters besiegelt. Das angrenzende Kurhotel kauft das Areal, um einen Bade- und Wellnesstempel zu errichten, hat dies aber bis heute nicht umsetzen können. Das repräsentative Foyer (und nur das) beherbergt derzeit einen Kleider-Schnäppchenmarkt. Der Kinosaal ist zur Abstellkammer degradiert und harrt des Abrisses. Ein Teil der Sitze ist bereits herausgerissen, Wasserschäden weisen auf die undichte Teerpappedachdeckung hin, die Leinwand ist zerrissen, der Vorhang verschenkt, die Projektoren verkauft. Dennoch läßt sich die Schönheit dieses 50er Jahre Schmuckstücks noch erahnen.
Zustand 2008 |
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Zustand 2008 |
Einweihungsvorstellung 1953 |
Foyer 1953 |
Saal 1953 |
Saal 1953 |
Rohbau 1953 |
Vielen Dank an Michael Scharpf für die Bilder und Informationen (Quelle der beiden oberen Bilder: allekinos.com)
Datum der Erstellung/letztes Update: 09.04.2021