DIE KURBEL

Berlin - Charlottenburg, Giesebrechtstr. 4

eröffnet: 1935
geschlossen: 31.12.2011
Sitzplätze: 571 (1935 und 1958) - 424/110/89 (2005)
Architekt: Karl Schienemann
Betreiber: Heinz Grabley & Hanna Koenke                          1935
Hanika, Hitzigrath & Jonigkeit                               1936
Walter Jonigkeit& Paula Hitzigrath                        1937-1940
Walter Jonigkeit                                                    1940 - mind. 1967
Studio Filmtheaterbetriebs GmbH&Co , München 29.3.1974-1987
Ufa                                                                       1988-Juni 2003
CH Media GmbH                                                  1.1.2004-Februar 2005
Terra-Real FT                                                       18.2.2005-31.12.2011

Am Traditionshaus nahe des Kudamms kann man den Niedergang der Charlottenburger Kinomeile gut veranschaulichen . Unter der Leitung von Walter Jonigkeit lief "Vom Winde verweht" mit Dauererfolg. Vor der Übernahme durch die "Studio Filmtheater"-Betriebe hielt sich das Kino mit Sexfilmen über Wasser, danach zog Filmkunst ins Hause ein. Anlässlich einer Neuausschreibung der Pacht bewarben sich 1988 noch mehrere grosse Kinoketten um das Haus und fochten vor Gericht um den Zuschlag. Nachdem die Ufa 2003 den Spielbetrieb einstellte, dauerte es dagegen einige Zeit bis sich überhaupt ein neuer Betreiber fand. Die Kurbel mutierte zum "One-Dollar-Kino", später wurde das Programm wieder interessanter, inzwischen auch mit aktuelleren Filmen.

Am  31.12.2011 war dann endgültig Schluss. Das Gebäude wurde entkernt und anderen Zwecken zugeführt.

Hier nochmal die Geschichte in ausführlicher Form:

1934/1935 baut der Architekt Karl Schienemann für den jüdischen Betreiber den Eckladen im Wohnhaus Giesebrechtstraße/Ecke Sybelstraße zum Kino um.Es entsteht das erste echte „Tonfilm-Kino“ Berlins. 1935 wird ein umlaufendes Vordach zur Straße hin angebaut, auf welchem der Schriftzug „die Kurbel“ Platz findet.
1937 übernimmt die Berliner Kinobetreiber-Legende Walter Jonigkeit (Delphi) die Kurbel. Bis weit in die Kriegszeit werden in der Kurbel Filme gezeigt. Ab 1944/45 dient die Kurbel als Lager für Munition. Da die Kurbel nach Kriegsende relativ
unbeschadet geblieben ist, räumt Herr Jonigkeit das Munitionslager. Er lässt die gelagerten Panzerfäuste entschärfen und verkauft die Zündsätze der Waffen auf dem Schwarzmarkt. Mit dem gemachten Geld gelingt es ihm, einen Kinobetrieb zu starten und so ist die Kurbel am 27. Mai 1946 das zweite Kino in Berlin, welches nach dem Krieg wieder den Betrieb aufnimmt. Als Premiere wird in Original-Sprache der russische Film „Um Sechs Uhr Abends nach Kriegsende“ gegeben. Weitere russische Filme folgen. Sie werden gezeigt, da keine anderen Filme zu bekommen sind oder von den Besatzern nicht genehmigt werden. Die Kurbel liegt im englischen Sektor von Berlin und nach einigen Monaten laufen nur noch englische Filme im Programm.
In den 50er Jahren wird der Vorbau mit Glas verkleidet und somit das Foyer vergrößert. Die Kurbel zeigt 2 ½ Jahre lang den Klassiker „Vom Winde verweht“ vor ausverkauftem Haus.
Der Betreiber Walter Jonigkeit gerät aber beim allgemeinen Kino-Sterben in den 70er Jahren so in die Enge, dass er sich 1973 von der Kurbel trennt.
1973/74 werden in der Kurbel kurzzeitig Sex-Filme gezeigt.
Aber 1974 übernehmen die Münchener "Studio FTB" die Kurbel. Der Theaterleiter, Herr Walter Pholi macht aus der Kurbel ein echtes Off-Kino. Es laufen Titel des Neuen Deutschen Films, als erster Film Bewegliche Ziele".
Ab 1980 hat Herr Peter Freund die Leitung der Kurbel. 1983 beendet er die Tradition der Genre-Filme im Nachtprogramm. Herr Freund setzt wieder vermehrt auf Programmkino.
1990 übernimmt die Ufa Filmtheater AG als Betreiber das Kino und erweitert die Kurbel um zwei weitere Säle. Frau Marianne Reich wird Theaterleiterin.
Ab 1995 werden in der Kurbel erst wenige, dann ausschließlich Filme in der englischen Original-Sprache gezeigt. So wird die Kurbel Berlins zweites „OV-Kino“ neben dem Odeon in Schöneberg.
Ab 2000 gibt die Ufa der Kurbel einen neuen Vornamen „Ufa Arthouse“. Nachdem 2001 am Potsdamer Platz das Kino-Center Cinestar auch OV-Filme bringt, zeigt die Kurbel trotz Besucher-Protesten wieder synchronisierte Fassungen.
2003 meldet die Ufa Theater AG Insolvenz an und schließt deutschlandweit 33 Kinos. So trifft es auch die Kurbel, die am 26. Juni 2003 mit dem ehemaligen Sensationserfolg „Vom Winde verweht“ schließt.
Aber schon am 1 Januar 2004 öffnet die Kurbel wieder die Säle mit den neuen Betreibern Herrn Christoph Heckenbücker und Frau Alexandra Thiel von der CH Medien GmbH. Die Kurbel wird ein sogenanntes „One Dollar“-Kino. Man zeigt Nachspieler
für den Preis von 2,99 Euro. Doch noch im selben Jahr muss die CH Medien GmbH Konkurs anmelden.
Ab Mitte Februar 2005 wird der Betrieb nach kurzer Pause jetzt von der Hausverwaltung selber organisiert mit Herrn Moishe Waks als Geschäftsführer. Nach dem Ableben von Herrn Moishe Waks übernimmt im September 2009 Tom Zielinski die Theaterleitung und Geschäftsführung der Kurbel.

           
Außenansicht 2003

           
Foyer 2003

           
Kurbel 1 2003

     
Kurbel 2  2003

     
Kurbel 3  2003


Ansicht 1935 (© La Cinématographie Francaise 859/1935)

Saal 1938 (Foto: Zeitz-Icon AG)

weitere Bilder und Informationen im Kinokompendium

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Datum der Erstellung/letztes Update: 28.03.2022