TURM - PALAST |
Frankfurt (Hessen), Bleichstr. 57
eröffnet: | 21.9.1929 - 30.03.1950 (Wiedereröffnung) |
geschlossen: | 09.06.2010 |
Sitzplätze: | |
Architekt: | Levy (Kinoeinbau 1929) - Walter Schlemmp, Werner Hebebrand, Schweitzer, H. C. Bartels (Neubau 1950) |
Betreiber: | Ufa
1929-1944 Kinoname: Ufa-Palast Groß-Frankfurt Siegfried Lubliner, Heribert Froechte, Hans Ulbrich 1950-1968 neuer Kinoname: Turmpalast Süddeutsche Filmbetriebe Hubertus Wald 1968-1972 Olympic 1972-1978 Ufa - Riech und Sohn 1978-2005 Cinestar 2005-2010 |
Der "Ufa-Palast Groß-Frankfurt" war das zweite Filmtheater der "Universum-Film AG" nach dem "Ufa im Schwan" (später "Metro im Schwan"). Es wurde in dem 1917 eröffneten "Vergnügungsetablissement Groß Frankfurt" eingebaut, wobei dessen neoklassizistischer Portikus verschwand.
Der Theaterraum blieb im großen Ganzen wie er heim Operettentheater war. Die Platzanzahl wurde ein wenig verringert, vor allem im Parkett., weil die hinteren Plätze durch Säulen verdeckt waren. Der ganze Zuschauerraum einschließlich des Rangs war für etwa 1300 Plätze vorgesehen. — Die Bühne blieb als Schaubühne, wurde sogar noch modernisiert und mit mehreren sogenannten Stoffkabinetten ausgestattet. Es war vorgesehen, im Sommer Operetten. Revuen und Komödien aufzuführen, entweder in eigener Regie oder durch Gastspieltruppen. Der Orchesterraum wurde gehoben, so das der Besucher die Musikersehen konnte. Der Ufa-Palast" hatte nummerierte Sitze und bot Karten im Vorverkauf an. Dieser fand im Theater selbst, aber auch an Verkaufsstellen in der Stadt statt. Im Café oder Restaurant Groß-Frankfurt wurde der Beginn dar Vorstellung durch Klingelzeichen und Lichtsignale angezeigt. Bei jedem stummen Film wurde eine sogenannte Bühnenschau als Beiprogramm geboten. An Sonntagvormittagen waren Matinee-Konzerte unter Mitwirkung bekannter Frankfurter Bühnenkünstler vorgesehen. K29210Der "Film-Kurier" schrieb zur Eröffnung: "Der alte Raum des ehemaligen Operettentheaters ist baulich kaum verändert worden, lediglich zu beiden Bühnenseiten musste ein Raum für den Orgeleinbau gewonnen werden. Die innenarchitektonische Ausstattung ist vom Architekt Levy (BDA) in recht geschmackvoller Weise gelöst worden. Der Einbau der großen Philipps-Kinoorgel erfolgte in kleine fingierte Logen zu beiden Seiten der Bühne. In dem mustergültig eingerichteten Vorführungsraum arbeitet der Operateur Conrady mit 2 AEG-Projektoren, die beiden Klangfilm-Apparate werden wohl in den nächsten Wochen in Tätigkeit gesetzt. Die ausverkaufte Abendvorstellung wurde vom Kapellmeister M.A. Pflugmacher schwungvoll mit dem Vorspiel zu ´Meistersinger´ eingeleitet. Sodann bot der Organist Peter Polla aus Amsterdam lebhaft applaudiert ein Vorspiel auf der Philipps-Konzert-Kino-Orgel. Es folgte dann ein ebenfalls auf der Orgel illustrierter Naturfilm. Die ´Three Kuhtirolers´ unterhielten auf der Bühne durch ihre Jazzparodien. Nach der Pause erfolgte die Aufführung von ´Mangolescu´...Die Eintrittspreise sind die in Frankfurt üblichen von 1,25 Mark bis 4 Mark. Ein vielversprechender Start."
Bedingt durch seine günstige Lage direkt am Eschersheimer Turm und der Größe (1.245 Sitzplätze) entwickelte es sich zu einem bedeutenden Erstaufführungstheater.Im März 1944 wurde das Kino stark zerstört.und nach dem Wiederaufbau (bei dem die Fassade zugunsten der Verbreiterung der Eschersheimer Landstraße um einige Meter zurückgesetzt wurde) am 30. März 1950 wieder eingeweiht.
Der Eingang zum Theater lag 14 Meter hinter der Straßenfront, so das damit dem Fluchtlinienplan der Stadtverwaltung Rechnung getragen war, der eine Versetzung der Häuserreihe um 10 m vorsah. Die Turmpasssage war mit Glasvitrinen ausgestattet und führte in einen pavillonartigen, runden Vorraum - der Bonbonniere - der später den Kassenraum aufnehmen sollte. Bis dahin diente er dem Verkauf von Süßigkeiten und Getränken. Die Garderoben sowie die Ein- und Ausgänge waren so angelegt, das keinerlei Störungen beim Ein- und Auslass der Besucher vorkamen.
Der Zuschauerraum
war mit 1200 Polstersitzen (davon 38 "Amorsitze" ohne Zwischenlehne, die nur an
Paare nach Vorzeigen des Heiratsausweises vergeben wurden!) ausgestattet. Für
die farbliche Gestaltung des Innenraums war Professor Leistikow verantwortlich.
Ein neuartiges Parkettfoyer war zum Zeitpunkt der Eröffnung noch nicht
fertiggestellt. Die Leinwand in ihren Ausmaßen von 6,75 x 5,25 m war damals die
größte Frankfurts. Neuartig war die schwebende, aus akustischen und
Raumgestaltungsgründen geschachtelte und im Gefälle liegende Deckenkonstruktion
mit indirekter Beleuchtung. Das Theater besaß eine vollautomatische Klimaanlage
und eine innerhalb jeder Platzkategorie anschließbare, vom Filmvorführer zu
steuernde Schwerhörigeneinrichtung. Die mit Lärchenholz bekleideten Wände
entsprachen ebenfalls den tontechnischen Anforderungen.
Magnetofonband-Übertragungen ersetzten die im alten "Ufa-Palast" vorhandene
Kinoorgel. Der Vorführraum, der eine separate Heizungs- und Entlüftungsanlage
besaß, war mit Ernemann 7 B-Vorführmaschinen und einer Verstärkereinrichtung der
Firma Rhode & Schwarz sowie einer Klarfilmanlage ausgestattet. N5016
W5015 E5012 E5101
Das Kino bot anfangs unter dem Namen "Turm-Wochenschau" eine eigene, aus lokalen Nachrichten und Beiträgen der "Neuen Deutschen Wochenschau" bestehende Wochenschau an. Eröffnungsfilm war "Vagabunden der Liebe", wobei die Hauptdarsteller Paula Wessely und Paul Hörbinger persönlich ihren Film vorstellten.
Im Zuge der Neugestaltung der Frankfurter Innenstadt waren im Frühjahr 1955 großzügige Um- und Neubauten am Komplex im Gange, die im Herbst vollendet wurden. Die dem Theaterbau vorgelagerte, mit weißem Marmor verkleidete Vorderfront nahm neben Läden, einem Cafe und Wohn-Appartements den repräsentativen Eingang des Theaters auf. Der Besucher gelangte durch die moderne Kassenhalle - mit zehn eleganten Schauvitrinen - in das Foyer und den Zuschauerraum. Anfang 1956 gab es zusätzlich eine eue Schwerhörigenanlage. N5566 N5619Ende 1969 wurde der Balkon abgetrennt und als "Studio 5" am 19. Dezember des Jahres eingeweiht. Heinz Riech ließ unter seiner Leitung um 1980 weitere 5 seiner gefürchteten Schachtelkinos einbauen.
Im Juni 2010 wurde die schon lange vorher erwartete Schließung des Hauses dann Wirklichkeit.
Ufa-Palast 1933 | Ufa-Palast 1943 |
Saal 1950 (Bildquelle: Der Neue Film 16/1950) |
Saal 1950 (Bildquelle: Filmecho 1/1050) |