KK MAINSPITZE (Burg-Lichtspiele) |
Ginsheim - Gustavsburg (Hessen) , Darmstädter Landstr. 62
eröffnet: | 3.4.1947 |
geschlossen: | in Betrieb |
Sitzplätze: | 250 (1958) - 208 (1980) - 98 (2007) |
Architekt: | |
Betreiber: | Kurt
Palm 1947-mind.1960 Kinoname:
Burg-LS Kuno Drais , St. Goarshausen mind1967-mind.1980 Gemeinde Ginsheim-Gustavsburg, Kulturbüro seit mind.1997 neuer Kinoname: Komm. Kino |
Im Jahre 1896 wurde die Gustavsburger evangelische Kirchengemeinde ins Leben gerufen. Der erste Betsaal war im ersten Stock des damaligen Schulgebäudes; der heutigen Gemeindeverwaltung in der Dr.-Herrmann-Straße. Zunächst fanden die Gottesdienste in Gustavsburg nur an jedem dritten Sonntag statt, und zwar am Nachmittag um 15.00 Uhr. Da Gustavsburg ständig wuchs und die Zahl der evangelischen Gläubigen immer größer wurde, gründete man den Evangelischen Verein, dessen Hauptaufgabe es war, eine Kirche zu bauen. Langwierige Grundstücksverhandlungen waren der Errichtung des ersten Gotteshauses vorausgegangen. Der Evangelische Verein als Bauträger der ersten Kirche, konnte nur einen Acker in der Nähe des Maindammes erwerben, bemühte sich jedoch ständig, dieses abgelegene Grundstück gegen einen Bauplatz an der Darmstädter Landstraße einzutauschen. Am 8. August 1899 wurde der Kaufvertrag für den neuen Bauplatz unterzeichnet. Am 28. August 1899 er- teilte das Kreisamt in Groß-Gerau die Baugenehmigung und bereits drei Monate später konnte der Kapellenbau seiner Bestimmung übergeben werden. Die Bau kosten betrugen 7.200 Goldmark. Am 2. Adventssonntag (10. Dezember 1899) erfolgte die Weihe der Kapelle durch den Superintendenten Waas in Anwesenheit des Oberkonsistorialrates Walz.
Diese Notkapelle, wie sie allgemein hieß, war ein schlichter bescheidener Fachwerkbau mit einem kleinen Türmchen, in dem zwei Glocken die Gläubigen zum Gebet riefen.
Nur 17 Jahre hat die Notkapelle ihrem eigentlichen Zweck gedient. 1918/19 fand sie Verwendung als Kaserne für die französischen Besatzungssoldaten und von 1921 bis zum Zweiten Weltkrieg war sie Turnhalle für die Gustavsburger Jugend. Nach dem Zweiten Weltkrieg war die heutige Georg-August-Zinn- Schule von den Amerikanern beschlagnahmt, so dass nahezu ein Jahr in der „Notkapelle“ Unterricht erteilt wurde. In diesem Gebäude fanden auch die ersten Wahlen für die Gemeindevertretung im Jahre 1946 statt. Vom Gotteshaus über französische Kaserne und Turnhalle, wurde die Notkapelle schließlich nach Abnahme des Türmchens und Umbau der Fassade in ein Lichtspielhaus verwandelt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lechzten die Menschen geradezu nach Abwechslung und Zerstreuung. Kurt Palm, ein gebürtiger Gustavsburger, konnte von dem MAN-Werk Gustavsburg die ehemalige Notkapelle mieten, um dort ein Lichtspielhaus einzurichten. Über verschlungene Wege und Pfade erwarb er zwei Lichtmaschinen, die zunächst auf dem Dachboden seines Wohnhauses zur Probe installiert waren.
Am 26. März 1947 erhielt Kurt Palm von der amerikanischen Militärregierung die Genehmigung, ein Kino einzurichten, das bereits damals den Namen Burg Lichtspiele erhielt. Es war die erste Genehmigungsurkunde zur Eröffnung eines neuen Lichtspielhauses nach 1945.
Kurt Palm war bereits als Kind ein Filmnarr; dies wussten auch seine Eltern und Verwandten, und so bekam er an Weihnachten 1932 ein kleines 35 mm-Vorführgerät mit Handkurbel und Wochenschau-Ausschnitten geschenkt. Als Schüler verbrachte er den größten Teil seiner Freizeit im Kino und wurde gegen Geld oder Arbeit als Filmvorführer herangebildet. 1942 wurde Kurt Palm Soldat und war zeitweilig als Kameramann tätig.
Nach kurzer Kriegsgefangenschaft kam er im Frühjahr 1946 wieder in seine Heimatgemeinde und hatte nur einen Wunsch, so schnell wie möglich ein Kino einzurichten. Die Mauersteine holte er von den Trümmergrundstücken in Mainz und schleppte sie in Rucksäcken und Taschen über die Behelfseisenbahnbrücke nach Gustavsburg. So hat er den feuerfesten Vorführraum selbst gemauert und darin zwei alte Kinomaschinen, die er in der französischen Besatzungszone aufgestöbert hatte, aufgebaut.
Am 3. April 1947, Gründonnerstag, war es endlich soweit, dass die Burg-Lichtspiele ihre Pforten öffnen konnten. Das Kino verfügte über 280 Sitzplätze, der Eintrittspreis betrug 0,60 Reichsmark und gespielt wurde wochentags um 20.30 Uhr sowie sonntags um 15.00 Uhr, 17.00 Uhr, 19.00 Uhr und 21.00 Uhr. Filmauswahl hatte man jedoch keine, denn die Spielfilme wurden von der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung zugeteilt. So konnte es geschehen, dass ein Film über drei Wochen im Kino lief, bis ein neuer Film von der Militärregierung wieder zugeteilt wurde. Zunächst gab es nur amerikanische Filme mit deutschen Untertiteln zu sehen. Ab 1948 wurden auch deutsche oder österreichische Filme ohne politische Tendenz zur Vorführung zugeteilt. Täglich standen lange Menschenschlangen vor dem Kino, um eine Eintrittskarte zu erwerben. Da nicht jede Familie eine Tageszeitung abonniert hatte, gab Kurt Palm eine Filmvorschau der Burg-Lichtspiele mit Inseratenteil heraus.
Nach und nach wurden deutsche Filmverbände und -institutionen, wie z.B. die FSK gegründet, die ersten deutschen Spielfilme, z.B. „Unter den Brücken“ mit Hildegard Knef und Carl Raddatz wurden produziert, was bis dahin verboten war. Schließlich entstanden Filmverleihe in den einzelnen Besatzungszonen.
Dies war der Beginn der Laufbahn von Kurt Palm als Unternehmer in der Filmbranche. Zeitweilig besaß er 22 Lichtspielhäuser, gründete ein eigenes Filmkopierwerk und fing selbst an, Filme zu produzieren und war 1971 erfolgreichster deutscher Filmproduzent. Kurt Palm war auch der Erfinder der -Report-Filme. Viele seiner Filme laufen in der gesamten Welt, in Kino und Fernsehen. Ein zweiteiliger Dokumentarfilm über den Zweiten Weltkrieg läuft seit nunmehr acht Jahren jede Woche im amerikanischen Fernsehen und ist nach dem „Blauen Engel“ mit Marlene Dietrich der erfolgreichste deutsche Film in Amerika. Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, dass Kurt Palm auch so erfolgreiche Filmstars wie Dunja Rajter, Sybill Danning und Ruth Gassmann für den Film entdeckte.
C.D.
Quelle: www.komki.de