In der Nähe des Hauptbahnhofs wurde im Sommer
1953 das "Studio 1" von den Werner Grassmann und Axel von Koss
errichtet. Die Betreiber waren zugleich Inhaber der Ires-Film,
Hamburg, und beschäftigten sich mit der Herstellung von Kulturfilmen.
Durch ihre ausgezeichneten Verbindungen zu den Archiven in Paris,
London usw. hatten sie seit längerer Zeit schon die Idee, ein intimes
Theater für Filmkunst zu eröffnen. Der Besitzer des Hauses Nr. 8 in der
Schmilinskystraße, der Danziger Flüchtling Eduard Kerner, war von
diesem Plan so begeistert, das er sofort einen Raum zur Verfügung
stellte. Er wurde mit schallschluckenden Homaton-Platten ausgestattet,
mit einer kleinen, vorhanglosen Bühne und einer indirekten Beleuchtung
für den Zuschauerraum. Mit seinen 25 Sitzplätzen (17 zu DM 2,80 und 8
zu DM 1,80) dürfte es zu diesem Zeitpunkt nicht nur das kleinste
Filmtheater Hamburgs, sondern der Bundesrepublik gewesen sein Von der
Straße aus ging man durch einen engen Spalt zwischen hohen
Etagenhäusern auf den Hof und gelangte von da in das Studio, das modern
und künstlerisch ausgestattet war. Geplant waren nicht mehr
zugängliche, avantgardistische Filme, vor allem also
Wiederaufführungen. Begonnen wurde mit Chaplins "The Kid” in der
Originalfassung mit deutschen Untertiteln, dazu wurde die Wochenschau
vorgeführt und ein Griff in die Althoff-Film-Kiste mit einigen
Kurz-Grotesken aus der Filmfrühzeit getan. Vorgeführt wurde
16-mm-Schmalfilm auf Leitz G I. Täglich wurde dreimal gespielt.
Senatsdirektor Erich Lüth und der zur dieser Zeit in Hamburg für
Interglobal/Europa-Film drehende Schauspieler Karl Heinz Böhm hoben
dieses kleine Kind aus der Taufe. Ein "Studio 2" mit ungefähr 150
Plätzen war geplant, wurde jedoch nicht ausgeführt. E5332 W5362 E5421
Zum zweijährigen Bestehen konnte Werner Grassmann eine Reihe russischer
Filme ankündigen, die die filmhistorische Serie von „Sturm über Asien",
„Panzerkreuzer Potemkin", „Das Ende von Petersburg" und „Zehn Tage, die
die Welt erschütterten" fortsetzen sollten. Leider war ein Jahr später
schon wieder Schluss - vielleicht kam das Programmkino-Konzept 20 Jahre
zu früh? Letzter gezeigter Film war Chaplins "The Kid". Werner Grassmann eröffnete übrigens Jahre später - 1970
- das "Abaton". N5564 W5613
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