CAPITOL

Jena (Thüringen), Löbdergraben 29

eröffnet: 1927
geschlossen: Februar 2009
Sitzplätze: 1100 (1930) - 1074 (1940) - 384/50/30 (1991) - 350/104/51/120/125 (2007)
Architekt: Schreiter & Schlag
Betreiber: Valentin Widera                                                                   1927-ca.1945
FTB Jena GmbH                                                                  1990-ca.2003
Bofimax, Bochum                                                                 2003-2008
Alexander Lehmann, Maria Birnbaum, Jacqueline Woick       Juli 2008-September 2008
Filmtheater Capitol Jena GmbH (Maria Birnbaum, Jacqueline Woick) September 2008-Februar 2009

Seine Geschichte beginnt, als der Kino-Besuch so beliebt war, wie der Griff zur Fernbedienung heute. Der heilige Berg, so hieß der Film, der zur Eröffnung des Hauses am 2. April 1927 gezeigt wurde. Als modernster Kino-Bau Mitteldeutschlands feierte die Stadt Jena das “Capitol”. Damals gab es bereits das Palasttheater und das Astoria. Außerdem flimmerte auch im alten Stern zeitweise ein Filmprojektor.

Valentin Widera war der Mann, dem als Inhaber der Thüringer Lichtspiele auch das “Capitol” gehörte. Die Entwürfe für sein neuestes Haus liess er sich von den Architekten Schreiter und Schlag liefern. Widera trug zur Gestaltung des Hauses mit seinen Erfahrungen als Fachmann bei. Eine Rarität sind die oberen Fenster an der Stirnseite des “Capitols”. Das Glas ist mit den Schriftzug Schreiter und Schlag als Markenzeichen versehen. Als Sohn eines Schulmeisters begeisterte Widera sich früh für den aufregend neuen Film.

Von seinem Erspartem eröffnete er im ostpreußischen Thorn sein erstes Kino. Der Blick für das Praktische und eine enormes Stehvermögen kennzeichnen Valentin Widera, diese Worte findet die Kino-Belegschaft in einer 1932 erschienen Festschrift. Der Jenenser Armin Albrecht, er begann 1936 im Deutschen Haus als Filmvorführer zu arbeiten, erinnert sich noch an Widera. Er bewohnte acht großzügige Zimmer, die er sich im Obergeschoss des “Capitols” eingerichtet hatte. Und vor dem Kino stand immer sein nobler Horch, erzählt der heute 85jährige. Albrecht erinnert sich auch daran, wie in den 30ern der Zaubertrick mit dem Elefanten funktionierte. Einfach, indem ein Varieté-Künstler ein schwarzes Tuch über das Tier stülpte und mit den Kinoscheinwerfern das Publikum blendete.

Das Kriegsende 1945 - Die sowjetische Besatzungsmacht nahm das “Capitol” in Beschlag, das der Roten Armee fortan als Kommandantur diente. Einige Jahre später begann der Filmbetrieb wieder, zunächst mit russischer Beteiligung.

Das “Capitol” hatte bei Kinofreunden einen neuen Namen: Russen-Kino. Anton Komarek, er begann zu jener Zeit seine Filmvorführer-Laufbahn, erinnert sich noch an den Streifen "Sie tanzte nur einen Sommer". Damals waren die Schlangen an den Kinokassen noch länger als sonst, denn die Hauptdarstellerin war in einer Szene halbnackt zu sehen. Das war etwas ganz Neues für die Leute, sagt Anton Komarek. Auch ansonsten waren die Kinobesuche ein kulturelles Ereignis. Weil nach dem Krieg kaum Varietes in Betrieb waren, unterhielt vor den Filmen regelmäßig ein Bühnenprogramm. Ballett, Kleinkunst, Artistik auf der Kinobühne das Publikum zahlte dafür gern 50 Pfennige mehr.

1982 wurde das Haus geschlossen wegen seines schlimmen Bauzustandes. Dann kam der große Umbau. Weil 1984 im Bezirk Gera die Arbeiterfestspiele anstanden, waren Geld und Material vorhanden. Heinz Kottke leitete als Bauabteilungsleiter der Bezirksfilmdirektion das Großprojekt. Er hatte schon Kinos in anderen Großstädten der DDR eingerichtet, aber beim “Capitol” wurde eine ganz radikale Lösung gefunden. Tatsächlich blieben nur die Außenmauern stehen, sagt Heinz Kottke. Hauptanliegen war es, mehr Kinoplätze zu schaffen. Doch wegen der seitlichen Begrenzung konnte nur nach oben oder nach unten gebaut werden, erinnert sich Kottke. Beim Tieferbauen langten die Arbeiter dabei kräftig zu und fuhren mit einem Bagger im großen Saal vor. Unter dem Bauwerk entstanden Toilettenanlagen und darunter ein zweites Kellergeschoss mit Lüftungskanälen.

Das Kino hatte von jetzt an drei Kinos, den großen Saal, dazu ein Studiokino für den anspruchsvollen Film und ein Klubkino, in dem die Filmpädagogin Christa Niedner Filme für Kinder zum Erlebnis machte. Und da war auch die Kino-Bar im Erdgeschoss, die nicht allein Filmfans anlockte. Viele neue Ideen also im Jenaer Kino.

1990, der Filmtheaterbetrieb Jena GmbH, sein Firmensitz befindet sich in Bochum, übernahm das “Capitol”. Weil es für die Theaterbühne keine Verwendung mehr gab, wurde erneut umgebaut. Im hinteren Teil des “Capitols” entstanden das C4 und das C5 mit jeweils etwa 60 Plätzen. Aus Aufenthaltsräumen im Erdgeschoss wurde Ladenfläche.”

Quelle: Jenaonline.de


Vielen Dank an Rudolf Schreck für das Bild von 1901


     
Capitol 2005

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Datum der Erstellung/letztes Update: 12.11.2019