HAHNENTOR - LICHTSPIELE

Köln (Nordrhein-Westfalen), Hahnenstr. 57

eröffnet: 18.08.1948
geschlossen: 30.05.1971
Sitzplätze: 1501 (1949/1958) - 1455 (1967)
Architekt: Wilhelm Riphahn (1948) - Hanns Rüttgers (Umbau 1955)
Betreiber: Willi Wolf                             1948-mind.1967

Am Eingang der Hahnenstraße befand sich ein riesiges Lichtspieltheater, die Hahnentor Lichtspiele. Der Kinosaal war eine verkleidete Stahlkonstruktion, vor der dieses repräsentative Eingangsgebäude stand. Bei dem Stahlbau konnte man auf eine Halle zurückgreifen, die im Rohbau in der Messe für eine für 1940 geplante Verkehrsausstellung errichtet worden war. In Deutz montierte man sie ab und baute sie hier wieder auf.  Das Kino war das größte in Köln mit 1500 Plätzen und wurde 1948 mit dem Film "Das Lied  von Bernadette" eröffnet.

Das Theater trug den Namen nach dem mittelalterlichen Gemäuer gegenüber, wenn es auch den denkbar möglichen Gegensatz zum berühmten Hahnentor darstellte. Das Werk des Architekten Riphahn war äußerste Sachlichkeit, die ihr Gesetz aus der Bestimmung des Baues ableitete. Die Vorderseite war ein scharf geschnittenes Viereck. gegliedert im oberen Teil durch die dreifach unterteilte hohe Fensterwand, durch die unter einen Vorsprung durchgezogene Flucht der Türen, während links und rechts niedere Anbauten die strenge Linie auflockerten. Nach einer weiteren Türreihe, befand sich der Umgang. Er schwang im leichten Bogen um den Hintergrund, stieß gradlinig an den Seiten vor, gabelte sich aber vorher in einen zweiten zum Ausgang führenden, weich auskurvenden Gang (die Kurve war Stilprinzip in diesem Bau). Der Trennung von Ein- und Ausgang entsprach auch die originelle Anlage der Garderoben. Sie bildete ein Halbrund, dessen Innenseite für die Ankommenden, dessen Rückseite für die Weggehenden bestimmt war.  Es gab so keinen Gegenstrom und kein Gedränge.
Dieser Ouvertüre entsprach der Theaterraum mit seinen 1500 Plätzen. Er blieb in der Ebene, nur hinten wölbte sich die Fläche stärker hoch. Starre Wände gab es nicht. Seitlich standen Wandteile wie Kulissen hintereinander geordnet, und an ihren Schnittpunkten waren die Zugänge. Vorn zur Bühne hin schwang die "verzahnte" Wand in einem Halbrund aus, das vom Bühnenvorhang aufgenommen wurde. Die Decke war in Kassetten aufgeteilt, mit gewölbten Rückwänden, aus denen indirektes Licht fiel.
Der Vorführraum mit zwei Bauer-VIIl-B-Projektoren hatte eine Fülle von Luft. Die Bühne war geräumig und hatte Platz für große Orchester. Betreiber Willi Wolf gab am Eröffnungsabend  mit der Begrüßung auch seine Vision aus: den Platz Köln zu einem Mittelpunkt für Westen zu machen und an dem bisher einseitigen Uraufführungsruhm gewisser Städte (gemeint war wahrscheinlich das ewig konkurrierende Düsseldorf) teilzunehmen. Direktor Goldschmidt von der MPEA konnte sich persönlich davon überzeugen, daß dieser Ehrgeiz ein Fundament hatte. Auch Kölns Oberbürgermeister Dr. Schwering schmunzelte, mit Vergnügen sich der guten Akustik und des festlichen Anblicks des Raums hingebend, wobei er nicht bloß an den Film, sondern auch an sein Gürzenich-Orchester dachte.  E4814

1955 präsentierte sich Willi Wolfs Kino im neuen Gewand. Die Entwürfe zu dem in 25-tägiger Spielpause großzügig renovierten Theater zeichnete der Düsseldorfer Architekt Hanns Rüttgers. Zur festlichen Eröffnung mit dem in Uraufführung gestarteten Film 2... und nichts als die Wahrheit" konnte der Hausherr zahlreiche Ehrengäste begrüßen. Eine lichtdurchflutete, in hellblauen und gelben Farben gehaltene Kassenhalle empfing die Besucher. Blickpunkt im Zuschauerraum bildete der 25 Meter breite schwungvolle Hauptvorhang aus gestreiftem violettem und blauem Velvet, der aus dekorativen Gründen rechts und links über die Bühnenöffnung vorgezogen wurde. Die Seitenwände waren mit violettem, perforierten Kunstleder bespannt, das sich wirkungsvoll von der in dunklem Nußbaumton gehaltenen Vertäfelung absetzte, die pfeilerartig hochgeführt war. Repräsentativ wirkte auch die abgestufte pastell getönte Rigipsdecke, die die Sägeschnittaufteilung der Seitenwände aufnahm und in besonderer Weise zur Raumatmosphäre beiträgt. Die Rückwand über dem hochgelegenen Teil des Parketts war mit gefälteltem violetten Kunstseidenstoff verkleidet. Geschmackvolle Pendelleuchten sowie die indirekte Anstrahlung des Vorhangs und der Wände tauchten den Saal in ein angenehmes Licht. Die formschöne, mit blauem Cord bezogene Hochpolsterbestuhlung montierten Schröder & Henzelmann. Die attraktive Neonreklame an der Eingangsfront installierte die Kölner Firma Efra.
Technisch wurden die Lichtspiele durchden  Einbau einer Vierkanal-Magnetton-Anlage modernisiert Neben einem Klangfilm-Gestellverstärker GS 40, gelangten Vorverstärker mit Kassetten für Magnetton, Lichtton, Mikrophon- und Schallplatten-Übertragung sowie eine ca. 15 m breite Gigant-Bildwand zur Aufstellung. Ferner wurden drei Lautsprecher-Kombinationen auf der Bühne und eine Anzahl Effekt-Lautsprecher montiert sowie Zeiss Ikon-Objektiveft und Anamorphoten geliefert.    N5549+65 W5536

Übrigens: Alte Kölner erzählen, dass der Bau vor Allem mit Geldern aus Tabak- und Zigarettenschmuggel finanziert wurde. Daher kam der Spitzname "Bosco" Kino nach einer damaligen Zigarettenmarke. 1971 wurde das Haus geschlossen.

Weitere Informationen hier.

       
Bilder von 1948 (Fotoquelle: Filmblätter 28.09.48)


Saal 1955 (Bildquelle: Der Neue Film 49/1955)

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Datum der Erstellung/letztes Update: 02.08.2021