THALIA

Mainz (Rheinland-Pfalz), Gutenbergplatz 3-5 

eröffnet: 1908
geschlossen: ca.1924
Sitzplätze: 250 (1932)
Architekt:
Betreiber:


Carl Wetzel
Otto Mayer
Franz, später Sophie Geier

1908
1917-mind.1919
mind. 1921-1932
1933-mind.1942
Kinoname: Internationaler Kinematograph
Kinoname ab 1910: Cinema de Paris

Kinoname: Thalia


Der 1908 eröffnete "Internationale Kinematograph" änderte seinen Namen später in "Thalia". Doch auch das 1912 eröffnete "Cinema de Paris" befand sich im gleichen Haus und war wohl identisch. Dies geht aus nachfolgendem Artikel der Fachzeitschrift "Der Kinematograph" (Ausgabe 197/1910) hervor:
Vom Café de Paris zum Cinéma de Paris. Als unsere Stadt unter französischer Herrschaft noch die Hauptstadt des Département de la tonnère war, plante Napoleon am Ende der Rue de l'empereur, heute Ludwigstrasse, einen der größten Plätze des Kontinents anzulegen. Auf der einen Seite sollte das Munizipaltheater, auf der anderen Seite ein Gutenbergdenkmal zu stehen kommen. Beide wurden zwar errichtet, aber mit dem Platze ging es wie mit vielen anderen napoleonischen Plänen: statt einer der größten Plätze der Welt wurde er einer der kleinsten der Stadt. Als eine Art Entschädigung wurde dann - vor über 100 Jahren etwas Nagelneues — ein Café nach französischem Muster errichtet, wo man im Sommer im Freien vor den Türen sitzen und seinen Mokka schlürfen konnte — das Café de Paris. Seine ganze Bauart zeigte den echt französischen Charakter des Empire, und viele französische Provinzialstädte besitzen noch heute derartige Lokale. Das Cafe de Paris wurde denn auch ihr Sammelpunkt der französischen Offiziere und abends konnte man dort sogar den Präfekten, den citoyen maire und andere Größen sitzen sehen. Als Mainz später Bundesfestung wurde, änderte sich das Bild, österreichische und preußische Offiziere spielten hier Billard; auch General Fürst Esterhazy und der Prinz-Gouverneur von Holstein erschienen bisweilen mit ihren Damen. In den 60er Jahren saß hier manche Stunde Richard Wagner und wartete auf den alten Schott, der ihn aus seinen Geldnöten befreien sollte. Dann kamen wieder französische Offiziere, aber diesmal nicht als Herren und Sieger, sondern als Gefangene, indessen ihren Absinth im Cafe de Paris ließen sie sich trotz alledem schmecken. Das letzte Drittel des vergangenen Jahrhunderts zeigte das Lokal als Hochburg des Karnevals; während in den unteren Räumen an den drei Lumpentagen die tollste Maskenfreiheit herrschte, tagte in den oberen Räumen das Komitee und suchte die Sekt Sorten aus, die auf der großen Redoute zum Ausschank kommen sollten. Vor einigen Jahren wurde das alte historische Café niedergelegt und an dessen Stelle ein großtädtisches Restaurant errichtet, aber das alte Glück hatte sich von ihm gewendet. Das Restaurant musste bald geschlossen werden, und heute hält in den hocheleganten Räumen, die selbst in den letzten Jahren noch viel Luxus gesehen haben, ein Kinematograph seinen Einzug. Ein Zeichen der Zeit! An die Stelle des Cafékonzerts die Unterhaltung durch Lichtspiele, neben dem prunkvollen neuen Stadttheater ein ebenso moderner Kino. Das bisherige Thaliatheater hat die Räume in Anspruch genommen, und sein durch seine Ähnlichkeit mit dem greisen Grafen Zeppelin, dem Held der neuesten Zeit, populärer Inhaber genannt "Lord Pfeffermünz", wird in seiner die Illusion des Naturspiels vom Doppelgänger unterstreichenden Luftschifferuniform die Honneurs machen zum „Cinéma de Paris". Und dann, wenn der Zufall es will, werden vielleicht alle die Gestalten noch einmal in den Räumen lebendig, die dort verkehrt, wird vielleicht sogar Napoleon dort erscheinen und vom veränderten Geschmack der Jahrhunderte Kenntnis nehmen, der seine Pläne wandelte. Vom Café de Paris zum Cinéma de Paris.
Das "Cinema de Paris" war das erste "Non-Stop-Theater" der Stadt, d.h, es wurde jederzeit Einlass gewährt. Im 2. Weltkrieg wurde das Gebäude zerstört.
Quelle u.a: "Die ersten Flimmerkisten in Mainz" von Herbert Bonewitz in den Mainzer Geschichtsblättern 2/2006  


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Datum der Erstellung/letztes Update: 05.08.2018