GABRIEL
FILMTHEATER |
München (Bayern),
Dachauer Str. 16
eröffnet: | 1907 |
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geschlossen: | 17.04.2019 |
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Sitzplätze: | 260 (1917) - 300 (1920/1930) - 353 (1950/1956) -
570 (1957/1967) - 208/63 (2004/2014) |
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Architekt: | Kinoplanung Batisweiler (Umbau 1994) |
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Betreiber: |
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Das "Gabriel" wurde
1906 als "The American Biograph" eröffnet. Betreiber Carl Gabriel war damals
schon als Kinopionier eine Branchengröße und entsprechend positiv fielen die
ersten Kommentare zum Neuen Filmtheater aus. So schrieb der Kinematograph in
seiner Ausgabe 28 von 1907: In erster Linie erwähnenswert ist The
American Bio, Co. (Dir. C. Gabriel), Dachauerstr., der auch in Berlin einige
großartig florierende Etablissements besitzt. Mit einem vorzüglichen
Wochenprogramm von 30 Nummern, das an Reichhaltigkeit und Schönheit einzig
dasteht, wird das Auge des Besuchers fortgesetzt an die Leinwand gefesselt. Kaum
befindet man sich auf einer Reise in den Eis- und Schnee-Regionen der nördlichen
Polargegenden, so erscheint schon ein höchst humoristisches Bild, wo sich alles
wälzt vor Lachen", dann sieht man ein Drama eines armen Pierrot, wie er
vergeblich um die Gunst und Liebe einer berühmten Schauspielerin wirbt, und so
wechselt das Programm fortwährend. Der Besuch ist daher nicht nur an Sonntagen,
sondern auch in der Woche stets ein sehr guter. Ab ca. 1920 kooperierte Gabriel mit der "Ufa", leitete die Geschicke seiner Theater aber immer noch in eigener Regie. Im Dezember 1928 löste Gabriel den Pachtvertrag und betrieb das Kino wieder vollständig selbst. Die "Ufa" besaß nun in München nur noch zwei Kinos, von denen sie eines - die "Rathaus-Lichtspiele" im darauffolgenden Jahr ebenfalls abgeben musste. Bis zu seinem Tod am 24. Februar 1931 wurde das Kino von Gabriel selbst geführt. L27228 L28295 K29258+299 Anlässlich seines 70 Geburtstages würdigte die "Lichtbild-Bühne" Carl Gabriel in ihrer Ausgabe 28 von 1927 mit einem Artikel: Am 24. September 1857 als Sohn eines süddeutschen Schaustellers geboren, war Gabriel zunächst Bildhauer geworden. Auf dem Wege über das Modellieren von Wachsfiguren für Panoptiken kam er dann dazu, selbst ein Panoptikum zu gründen und unter die Schausteller zu gehen. Durch seine Tatkraft, seinen Unternehmungsgeist und seine originellen Ideen erzielte er auf diesem Arbeitsgebiet sehr rasch so bedeutende Erfolge, das er bereits in jüngeren Jahren weit über München hinaus bekannt war. Nicht nur auf der Münchner Oktoberfestwiese, sondern im ganzen Reich und noch über seine Grenzen hinaus haben seine großen Schau- und Vergnügungsumternehmungen seit Jahrzehnten solche Erfolge gehabt, daß noch beute sein Name in Wien ebenso populär ist wie in Frankfurt, in Hamburg, wie in München. Die Schausteller Deutschlands aber verehren in „Papa Gabriel“ ihren Altmeister und den bewährten Führer ihrer Organisation, und wenn sie irgendein Anliegen an die Öffentlichkeit, so ist er mit seiner überlegten, bildkräftigen und witzigen Sprechweise und seiner großen Erfahrung und Sachkenntnis stets ihr berufenster Sprecher, der auch bei stets ihr berufenster Sprecher, der bei schwer zugänglichen Behörden und Stellen Zugang findet. Im Jahr 1893 hatte Gabriel zusammen mit dem Münchner Bildhauer Hammer in der Neuhauser Straße sein "Münchner Panoptikum" errichtet. Als dann wenig später die Kunde von der Erfindung des Kinematographen durch Lumiere von Paris nach Deutschland kam, horchte Gabriel auf. Da war etwas, was einen rührigen Schausteller anging und ihm vielleicht gute neue Verdienstmöglichkeiten eröffnete. Ohne lange zu zaudern, setzte sich Gabriel auf die Bahn nach Paris, um dort zu erfahren, das Lumiere inzwischen nach Paris abgereist sei, jagte ihm nach und erwarb, da ihm die Sache gefiel, ohne lange zu überlegen, den ersten Lumiere-Kinematographen für Deutschland. Dieses rasche Zupacken, wenn ihm eine Sache gut scheint, dieses geschäftliche Draufgängertum, das aber keineswegs ein blindes, urteilsloses Drauflostapfen ist, kennzeichnet Gabriel auch heute noch und ist ohne Zweifel die Hauptwurzel seiner großen geschäftlichen Erfolge. Wie wenig seine Aktivität durch die Erreichung des biblischen Alters vermindert worden ist. zeigte sich erst in jüngster Zeit wieder. Für das Deutsche Bundesschießen und für die diesjährige Oktoberwiese war die Konjunktur für die Münchner Schausteller wenig günstig. Gabriel brachte trotzdem auch dieses Jahr zwei interessante Neuheiten heraus: Das Tanagratheater und ein originelles Jagdschießen. das er zum Patent angemeldet hat. Gleichzeitig aber gab er bekannt; daß er im nächsten Jahre wieder mit einem weit größeren Unternehmen auf dem Platz sein werde. Über seine Anfänge in der Kinematographie hat Carl Gabriel einmal in einer von mir geleiteten Wochenzeitung selbst erzählt - er soll dazu auch heute wieder selbst das Wort erhalten: „Der Vorführungsapparat wurde einfach mit ein paar Theaterkulissen oder auch Stoffdekoration umspannt und nun darauf losgekurbelt. Die Vorführungen richteten wir nach französischem Muster ein. Es wurden drei bis fünf. kleine Filme abgedreht, nämlich: "Ankommender Eisenbahnzug“, "Aufziehen der Hauptwache“, "Ein Kettensprenger" usw. Das ganze Programm war etwa 100 Meter lang und die Vorführung dauerte höchstens 15 Minuten. Das Geschäft ging glänzend, so daß wir uns einige Jahre halten konnten. Aber dann begann es auffallend abzuflauen, so daß wir das Ende der ganzen Kinematographie vor unseren Augen sahen. Da kam, geradezu überraschend plötzlich, das Filmdrama, und damit begann erst die eigentliche Blüte des Films. Der Zulauf des Publikums steigerte sich von Tag zu Tag, wir kamen mit den engen Räumen unserer Kinotheater nicht mehr aus, man mußte daran denken, große Säle zu erwerben. Hand in Hand mit diesem jähen Aufschwung kamen auch die vielen Verbesserungen, kamen die strengen polizeilichen Vorschriften, kam die Sorge um die Sicherheit der Zuschauer.“ Heute nun ist Carl Gabriel seit Jahren Leiter der drei Münchner Ufa-Theater, die vordem ihm persönlich gehörten, und Leiter auch des Ufa-Theaters in Augsburg. Er hat damit einen Aufgabenkreis, der allein fast schon eine volle Manneskraft erfordert; aber Gabriel hat daneben noch nicht nur seine Schausteller-Unternehmungen. sondern er findet auch noch Zeit und Interesse für die Arbeit der Organisation der Schausteller und des Lichtspielgewerbes. Welche Verdienste er sich auf diesem Gebiet erworben hat, geht daraus hervor, daß ihn seine Kollegen in beiden Branchen schon vor Jahren zum Ehrenvorsitzenden ernannt haben. Vor allem im Verein bayerischer Lichtspieltheaterbesitzer und im süddeutschen Verbände weiß man die Mitarbeit und den erfahreren Rat dieses getreuen Eckarts des deutschen Films sehr zu schätzen. Viel pflegt Gabriel bei den Versammlungen der Theaterbesitzer nicht zu reden: aber wenn er das Wort nimmt, so weiß man. daß man jetzt etwas hören wird, was unbedingt Hand und Fuß hat, und daß Carl Gabriel, mag die Situation noch so verfahren und schwierig sein, den Ausweg finden und zeigen wird. Auch hierzu sei wiederum ihm selbst noch das Wort gegeben: „Als Mitbegründer des Vereins Bayerischer Kinematographen-Interessenten und langjähriger Vorsitzender dieser Organisation wie als Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Kinematographen - Vereine habe ich wiederholt Gelegenheit gehabt, mich auch mit Dingen zu beschäftigen, die mit unserer Standesehre Zusammenhängen. Hauptsächlich handelt es sich um jene Fälle, da unser Gewerbe von den - leider noch immer unausrottbaren - Kinofeinden in gehässiger Weise angegriffen wurde. Zu meiner persönlichen Freude muß ich nun feststellen, daß wir die allermeisten Prozesse gewonnen haben, und ebenso muß ich es betonen, daß es uns immer nur darum zu tun war, unsere Branche im Ansehen des Publikums zu heben. Ich habe in bester Weise das meinige dazu beigetragen." Ja. das hat er! Aber dennoch hat er sich nie in den Vordergrund gedrängt und sogar Ehrungen, die ihm von staatlicher Seite zugedacht waren, zurückgewiesen. Doch heute, am Tage seines Jubiläums, muß er es sich schon gefallen lassen, daß wir seine Vorzüge und seine Verdienste um den deutschen Film gebührend preisen... 1937 übernahmen die Hausbesitzer - Familie Büche aus Ingolstadt - die Regie des mittlerweile neu erstellten Filmtheaters selbst. Der bisherige Betreiber Kügel übernahm im Gegenzug die "Rosensck-Lichtspiele" in Ingolstadt. L37199 1955/56 wurde das Kino in einem großzügigen Umbau grundlegend neu gestaltet. Das Theater erhielt nun 570 oliv-silberne Sitzplätze. Die Wandbespannung war champagnerfarben, der Vorhang rot-silber meliert. Die komplette technische Einrichtung wurde mit zwei Philips-Projektoren FP 6, Philips Licht- und Magnettonanlage sowie Zubehör von der Firma Kinoton, München, geliefert. Dieselbe Firma liefert auch die Bühnenausstattung und die Innenausstattung mit einer Alkor-Bespannung Die neue Leinwand hatte eine Größe von 9 x 3,60 m.. Mit dem Film "Der Rebell seiner Majestät" wurde das renovierte Haus wiedereröffnet. N5625+40 E5568 E5641 1976 wurde durch die Abtrennung des Balkons ein zweiter Saal eingebaut und man spezialisierte sich auf das damals lukrative Sex- und Pornofilmgeschäft. Zu dieser Zeit nannte man sich "Neues Gabriel". 1994 wurde das "Gabriel" nochmals renoviert. Danach kam dann nochmals die Kehrtwende zu einem anspruchsvollen Filmprogramm. Das Kino musste 2019 nach 112 Jahren schließen. Da half alle Tradition nichts... Bilder finden Sie auf der Kinoliste. Fotos vom Zustand nach dem Umbau 1994 finden Sie hier. Ein weiterer Artikel hier. Ein Foto des "American Bio" hier. Und die Nachricht über den bevorstehenden Neubau hier. |
zurück zur Startseite Datum der Erstellung/letztes Update: 17.03.2025 - © allekinos.com |