KAMMER - LICHTSPIELE |
Rosenheim (Bayern), Königstr. 7a
eröffnet: | Januar 1919 |
geschlossen: | um 1970 |
Sitzplätze: | 550 (1918) - 511 (1930) - 475 (1935) - 627 (1949) - 639 (1958) |
Architekt: | |
Betreiber: | Daniel
Höpfner
1919-1924 Sophie Thalhammer (später Brunner) mind.1924-1936 Alois Brunner 1937-1938 Emilie Gnegel 1938-1943 Emilie Gnegel, Familie Praunsmändtl 1943-1945 Sophie Brunner mind.1949-1955 A. Hempel 1956-1956 Fritz Wolf 1958-1960 Hanns Sellmaier, München 1961-mind.1962 Mechtild von Herder 1967 |
Ein weiteres Kino Rosenheims in den Jahren vor 1945 waren die „Kammerlichtspiele“ von Herrn Höpfner in der Königsstraße 7a. Ab 1916 reichte Höpfner insgesamt drei Anträge zum Bau seines Kinos ein, wobei der Stadtrat erst den dritten Antrag genehmigte. Schließlich konnten die „Kammerlichtspiele“ im Januar 1919 eröffnet werden, da Höpfner den Stadtrat mit dem Argument, die bereits bestehenden Kinos „Stadt-Kino“ und „Deutscher Kaiser Lichtspiele“ wären der Stadt Rosenheim unwürdig, überzeugte. Die „Kammerlichtspiele“ wechselten des Öfteren ihren Besitzer, was vor allem mit der strengen Gewerbeaufsicht zu tun hatte. Die beiden großen Filmtheater erfreuten sich hoher Besucherzahlen. In die „Kammerlichtspiele“ strömten z.B. im Jahr 1935 105.350 Kinogänger und die „Deutscher Kaiser Lichtspiele“ besuchten sogar 112.872 Besucher.
Quelle: Alina Paulig, Seminararbeit Film ab fürs Kinosterben? Eine Geschichte des Kinobetriebs in Rosenheim von 1945 bis zur Gegenwart
Zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft gab es in Rosenheim zwei Kinos, das seit Februar 1912 in der Prinzregentenstraße 3 bestehende „Helios" im Hotel „Deutscher Kaiser", später „Deutscher Kaiser-Lichtspiele" genannt, sowie die in der Königstraße 7a gelegenen „Kammerlichtspiele". Die Geschichte der Rosenheimer Kinoszene vermag zu illustrieren, wie sehr auch das Filmwesen ab 1933 dem staatlichen Aufsichts- und Zensursystem unterstellt wurde, war es doch ein wichtiges Medium zur Verbreitung nationalsozialistischer Ideologie geworden.
Das Rosenheimer Beispiel erweist, das diese Mitgliedschaft durchaus nicht als bloße Formalität gehandelt wurde. Betroffen war die Besitzerin der „Kammerlichtspiele", Sophie Brunner, die nach insgesamt zwölfjähriger Leitung des Kinos 1936 gezwungen wurde, ihren Betrieb aufzugeben, da ihr die beantragte Aufnahme in die Reichsfilmkammer verwehrt worden war. Vorgeschoben wurde als Grund für die Ablehnung unter anderem, das Frau Brunner in gesetzwidriger Weise einen Vierzehnjährigen im Kino beschäftigt habe, der wahre Grund freilich war, wie aus Sophie Brunners 1946 erfolgtem Gesuch um erneute Inbetriebnahme der „Kammerlichtspiele" hervorgeht, das sie sich der Mitgliedschaft bei der NSDAP verweigert hatte. Die Leitung der „Kammerlichtspiele" lag vom 1. Februar 1937 bis zum April 1938 in Händen von Alois Brunner, der schon seit 1932 Geschäftsführer dieses Kinos war und Sophie Thalhammer 1936 geheiratet hatte. Er wurde Kraft eines Schreibens des Präsidenten der Reichsfilmkammer am 28. April 1937 in die Reichsfilmkammer aufgenommen mit der Auflage, eine Erklärung abzugeben, das seine „Ehefrau sich in keiner wie auch immer gearteten Weise in dem Filmtheater betätigt." Mit Einschreiben vom 11. April 1938 wurde Alois Brunner freilich wieder aus der Reichsfilmkammer ausgeschlossen. Als Begründung wurde angeführt, das seine Frau trotz Verbots weiterhin maßgeblich an der Leitung des Kinos unter anderem in Bezug auf Filmdisposition und Verleihverhandlungen beteiligt gewesen sei.
Neue Pächterin der „Kammerlichtspiele" wurde vom 23. August 1938 an Frau Emilie Gnegel, die den Geschäftsbetrieb dem Münchner Rudolf Röhrle übergab, der, wie es heißt, bereits seit 35 Jahren in der Kinobranche tätig war. Schon zwei Tage später wurde die Spielerlaubnis erteilt, da „im Interesse der deutschen Filmwirtschaft der Geschäftsbetrieb der ,Kammerlicht-spiele' auch nicht einen Tag stilliegen soll."
Mit Wirkung vom 20. April 1943 ließ Frau Gnegel Friedrich Praunsmändtl und dessen Ehefrau Teilhaber an den „Kammerlichtspielen" werden, ein Vertrag, der am 23. Oktober 1945 gelöscht wurde. Für Friedrich Praunsmändtl ist überliefert, das er seit dem 1. November 1932 NSDAP-Mitglied war.
Quelle: Claudia Willibald (stadtarchiv.de)