Artur Tendis
errichtete 1928 nach dreimonatiger Bauzeit das neue "Astoria"-Kino, das mit
einem Festakt feierlich eingeweiht wurde. Bürgermeister Dr. Wild, die Stadträte
und viele Ehrengäste waren anwesend. Zeitgenössischen Beschreibungen zufolge war
der Saal in warmen Rottönen mit Gold- und Silberornamenten sowie plastischem
Schmuck gehalten, zu denen der blaue Vorhang kontrastierte. Besonders
hervorgehoben wurde die indirekte Beleuchtung des Saals, deren Leuchtkörper
hinter den Stuckprofilen am Übergang der leicht gewölbten Decke zu den
Längswänden untergebracht waren. Auf das Filmtheater machten damals sowohl ein
großer Leuchtschriftzug auf dem Dach als auch Werbestelen an der Brücke
aufmerksam. Über eine Freitreppe gelangte man durch den Eingang in das große
Foyer. Von hier betrat man den Zuschauerraum, der 320 Besuchern Platz bot. Auf
dem Balkon (Rang) befanden sich weitere 175 Sitzplätze. Für Konzerte wurde eine
versenkbare Bühne für 15 Musiker gebaut. Durch die erleuchteten Stufen fand man
auch im Finstern bequem seinen Platz.
Dem
Theaterbesitzer Arthur Tendis wurde seine aktive Unterstützung der
Nationalsozialisten zum Verhängnis. Das Kino wurde nach dem 2. Weltkrieg von den
sowjetischen Besatzern beschlagnahmt. Die Frau des Besitzers, Margarete Tendis,
versuchte erfolglos das Kino zurückzubekommen.
Eine wesentliche
Baumaßnahme stellte der Umbau des Kinos auf Totalvision und
Vierkanal-Magnettontechnik von 1958 bis 1961 bei regulärem Spielbetrieb dar. In
diesem Zusammenhang wurde zunächst der Bildwerferraum erheblich vergrößert und
griff nun in den Rangbereich ein. Ebenso wurde die Bühne den neuen Verhältnissen
angepasst. Die Bildbreite betrug bei der Vorführung von CinemaScope-Filmen ca.
10 m, die Bildhöhe 4 m und die Projektionsentfernung 21 m. Im Zuschauerraum gab
es 12 Effektlautsprecher. Zwei getrennt ferngesteuerte Saalverdunkler sorgten
für eine langsame Veränderung der Saalbeleuchtung.Das Kino hatte nun 409
Zuschauerplätze, davon 112 auf dem Balkon.Nach diesen Maßnahmen galt das
"Astoria" für eine gewisse Zeit als das modernste Kino im Kreis. In der
Folgezeit wurden kleinere Renovierungen in Kassenhalle, Foyer, Rangfoyer und
Teilen des Saales durchgeführt. Ab 1966 sanken die Besucherzahlen. Der
Theaterleiter war mehr Parteifunktionär der SED als Kinofachmann. Politisch
angehauchte Filme, welche die Interesssen des Staates und der Sowjetunion
vertraten, kamen bei der Bevölkerung nicht gut an. Eintrittskarten wurden über
die FDJ-Leitungen und die Betriebe kostenlos vergeben, um die Bürger politisch
zu schulen. 1980 wurde der Saal und das Foyer nochmals renoviert. 1990 kamen
jedoch nur noch 10.800 Besucher. Dies waren im Vergleich zu 1955 mit 197.222
Besuchern viel zu geringe Einnahmen, um den Spielbetrieb in der freien
Marktwirtschaft aufrecht zu erhalten. So schloss das Haus 1991, als die
Kreisfilmstelle aufgelöst wurde und sich kein privater Investor fand. und stand
danach ohne Nutzung leer. Letzter gespielter Film war die Wendekomödie "Go,
Trabbi; Go". Ausschlaggebend für den Abbruch 2003 waren vor allem die Schäden
durch das Hochwasser vom August 2002 sowie das Fehlen einer Perspektive für das
Haus.
Quellen: Roßwein in alten Ansichten ( Günther
& Roswitha Hanisch, Herausgeber) Lichtspieltheater in Sachsen - Entwicklung, Dokumentation
und Bestandsaufnahme (Carola Zeh, Hamburg 2007 - SBN 978-3-830-3166-6 Aus der
Geschichte des Kintopps in Roßwein (Sachsen Kurier vom
20.07.1990 Stadtarchiv
Roßwein ...und nächstes Jahr - wie jedes Jahr (Jens Michalski)
J. Michalski 2003
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