Schifferstadt (Rheinland-Pfalz),
Zeppelinstr. 3
eröffnet: |
1924 |
geschlossen: |
in Betrieb |
Sitzplätze: |
450 (1940) - 526 (1958) - 400 (1967/1977) -
166/70 (2007) |
Architekt: |
|
Betreiber: |
R.
Fischer
mind.1926-1927
Kinoname: Lichtspiele
Arthur
Kusch,
Mannheim
1928-1930
Kinoname: Apollo Richard
Groß
1931
Kinoname: Union Zeppelinstraße Hans
Rehäuser
1932-1933
Kinoname: Capitol Richard
Groß
1933-mind.1962
neuer Kinoname: Neues
Theater L3315 neuer
Kinoname Mitte 50er: Rex A.
Reichle
mind.1965-mind.1967 Richard
Groß
1971 Erna
Guillemet mind.1977-ca.2000 FTB Englert, Christa & Jochen Englert
ca.2000-09.06.2010 geschlossen
2010-2013 Nadine Seidel
Oktober 2013-Mitte 2014 Thomas
Sauer
seit Januar 2015
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Das 1924 erbaute
Kino wechselte anfangs häufig den Besitzer. Kinomacher zu sein, war um diese
Zeit nicht einfach, da die örtliche Presse und Behörden dem Medium gerade in
Kleinstädten oft feindlich gegenüberstanden. Folgender Artikel, der durch die
Plazierung auf der Titelseite der Fachzeitschrift "Der Kinematograph"
deutschlandweit beachtet wurde, soll dies verdeutlichen:
Kinoweisheit aus Schifferstadt
Irgendwo im
Badischen muss ein kleines Nest mit dem Namen Schifferstadt liegen, das unter
verschiedenen anderen Segnungen der Kultur ein Tageblatt und natürlich auch ein
Kino besitzt.
Das Theater erfreut sich beim Publikum großer
Beliebtheit, nur der Zeitungsverleger kann sich mit dem lebenden Bild aus
irgendeinem Grunde nicht befreunden. Er sieht im Film immer noch ein Werkzeug
des Teufels und benutzt jetzt einen verhältnismäßig geringfügigen Anlass, die
Behörden zum Kampf gegen den Kinobesuch aufzurufen.
An sich ist es eine komische Angelegenheit, von
der Regierung zu verlangen. das sie den Besuch ihrer eigenen Theater verbietet,
genau so, wie es eigentlich überflüssig wäre, gegen ein kleines Provinzblättchen
zu polemisieren. dessen Bedeutung vielleicht noch nicht einmal bis zum
Ortsschild von Schifferstadt reicht.
Aber die Angelegenheit ist prinzipiell nicht
uninteressant und zeigt uns, das an Aufklärungsarbeit noch sehr viel zu leisten
ist, das Abwehr bei uns noch lange nicht intensiv genug betrieben, weil ja, ganz
genau gesehen, unsere Industrie nicht nur von Großstädten leben kann, sondern
auch in erster Linie und auch in letzter Linie von den mittleren und kleinen
Plätzen.
In Schifferstadt ist
eingebrochen worden. Drei junge Burschen, Handwerker, die mit Hammer, Meißel und
Schweißapparat von Berufs umgehen müssen, haben irgendeinen Gemüseladen
heimgesucht. Sie wurden erwischt, von der zuständigen Stelle vernommen und gaben
- nach dem Schifferstädter Tageblatt - die Erklärung ab, das sie im Kino ihre
Kenntnisse und Anregungen zur Durchführung des Einbruchs erhalten
hätten.
Derartige Märchenerzählungen
von jungen und alten Verbrechern sind nicht neu, sind aber heute bereits
gerichtsnotorisch nicht höher zu bewerten als jene rührseligen Erzählungen, die
die Schuld auf irgendeinen Schmöker oder auf ein Theaterstück
zurückführen.
In einer Aussprache,
die das Reichsinnenministerium vor einem oder zwei Jahren veranstaltete, wiesen
schon Kapazitäten, unter anderem Professor Moll, darauf hin, das derartige
Äußerungen praktisch überhaupt keinen Wert hätten. Es seien eben Ausreden, die
auf die Kinofeindlichkeit gewisser Kreise spekulierten, und die lediglich
deswegen dem Film die Schuldgeben, um ein milderes Urteil zu erzielen.
Die Wiedergabe der Ausssage dieser jugendlichen
Verbrecher wäre an sich nicht zu beanstanden. Man könnte darin ein sachliches
Referat sehen, das bedauerlicherweise ohne Kommentar wiedergegeben ist, wenn
nicht dem Bericht ein Nachsatz beigefügt wäre, in demes lapidar heißt: „Ein
Fingerzeig für die Behörden, solches zu verhüten."
Was verhütet werden soll, ist zunächst nicht
ganz klar. Etwa ein Einbruch? Das ist ganz selbstverständlich, denn dazu sind
die Behörden da und brauchen nicht erst den Zeigefinger aus Schifferstadt. Den
Kinobesuch? Dann kämen wir eben auf den Punkt, zu dem einiges zu sagen
ist.
Wir haben im vorigen Jahr eine
umfassende Statistik machen lassen, um einmal festzustellen, in welchem Umfang
überhaupt Kriminalfälle Gegenstand der Filmdarstellung sind. Es ergab sich dabei
das interessante Resultat, das es überhaupt nur vierzig Prozent der in
Deutschland erscheinenden Produktion sind. In diesen Kriminalfilmen wird fast
durchweg der Täter erwischt und der gerechten Strafe zugeführt. Die Polizei im
Film ist eben tüchtiger als die wirklichen Beamten und sorgt schon aus
zensurtechnischen Gründen viel prompter für die gerechte Strafe, als das sonst
im Leben der Fall ist.
Wer im Film
einbricht, stiehlt, betrügt oder gar mordet. wird mit tödlicher Sicherheit vom
Arm der Gerechtigkeit erwischt, oder muss freiwillig aus dem Leben
scheiden.
In der Wirklichkeit sieht
es leider mit der ausgleichenden Gerechtigkeit etwas anders aus. Die Zahl der
Vergehen und Verbrechen, die von der wirklichen Justiz nicht
gesühnt werden, ist Legion. Der Verbrecher kommt im Film schlechter weg als im
Leben. und wenn solche Dinge überhaupt die große Wirkung hätten, die man ihnen
in manchen Kreisen zuschreibt, so müssten eher die Angst vor der bösen Tat, der
Widerwillen gegen Gesetzesübertretung in den Kinobesuchern groß werden, als die
Lust, nun praktisch Böses zu tun.(...)
Quelle: Der Kinematograph
260/1929
Der Redakteur des "Kinematographen" verortete Schifferstadt fälschlicherweise im Badischen...
Um 1980 wurde das
Rex in ein Servicekino mit den Sälen "Cherie" und "Oase" umgebaut . Es war bis
zum Rauchverbotsgesetz 2008 das einzige Raucherkino der Umgebung und hatte
deshalb auch viele Gäste aus dem Umland (im Gegenzug natürlich auch potentielle
Kunden aus der Umgebung, die noch nie dort waren - so wie mich). Gespielt wurde
ausschließlich Mainstream und Actionkost.
Die Familie
Englert, die das Kino Ende der 1990er-Jahre übernahm, betrieb inzwischen (2008)
eine ganze Kinokette incl. zweier Multiplexe.
Zum Beginn der Fußball-WM 2010 stellte das Kino den Betrieb
ein. Die Besucherzahlen waren seit der Einführung des
Rauchverbots im Januar 2008 stark eingebrochen. Die Kundschaft aus
Schifferstadt konnte diese Lücke leider nicht auffüllen.So sah
man sich gezwungen, den Betrieb in Schifferstadt einzustellen und
sich auf die rentableren und bereits umgerüsteten Kinos in
Schwetzingen, Walldorf und Nidderau zu konzentrieren.
2013
konnte Hausbesitzerin Erna Guillemet doch nochmals neue Betreiber
finden, die das Kino mit Enthusiasmus und einem Programm abseits der
üblichen Neustartschienen (z.B. Bud Spencer-Woche) wiederbeleben.
Mangelnde Erfahrung und Geldprobleme ließen dieses Experiment jedoch
schnell enden.
Ein
halbes Fahr später öffnete das Kino jedoch erneut seine Ptorten.
Familie Englert besann sich ihrer Anfänge im Kinogeschäft und
renovierte das Kino, Thomas Sauer zog vom benachbarten Limburgerhof, wo
er das "Capitol" nicht mehr bespielen konnte, nach Schifferstadt.
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Update: 25.09.2024 - © allekinos.com