ATELIER

Wien (1.Bezirk), Wollzeile 17

eröffnet: 1912
geschlossen: Juni 2006
Sitzplätze: 263 (1914) - 300 (1940) - 178 (1998)
Architekt:  
Betreiber: Silbernes Kreuz Kinotheater G.m.b.H.             1912-1919

Rudolf Stary                                                    1919-1930

Golda Landau                                                  1930-1938

Ferdinand Schaschek                                       1938-mind.1942

Golda Landau                                                  1946(?)-nach1958

Constantin Film                                                1990-2006

Namensgeber war die "Gesellschaft vom Silbernen Kreuz" (Silbernes Kreuz Kinotheater G.m.b.H.), Besitzerin und Konzessionärin des Kinos während des 1. Weltkrieges, eine Fürsorgeeinrichtung für heimkehrende Soldaten und Invaliden. 1919 übernahm die Gesellschaft das Gartenbaukino, im selben Jahr erhielt Rudolf Stary, Kriegsinvalider und ehemaliger Chauffeur Kaiser Franz Josephs, die Lizenz für das Keuz Kino, die er auch bis zu seiner Pensionierung behielt, Besitzerinnen waren von 1920 bis 1938 Amalie Sturm und Golda Landau, Landau leitete das Kino darüber hinaus von 1930 bis 1938, ehe auch das Kreuz Kino "arisiert" wurde.

1931 gelangte das Kreuz Kino, damals war "Die Bereitschaft - Verein für soziale Arbeit und zur Verbreitung sozialer Kenntnisses" Konzessionärin, in die Schlagzeilen der Tageszeitungen, als es den Film Das Lied vom Aufbau von Dziga Wertov in sein Programm aufnahm - und damit zu heftigen Protesten und öffentlichen Diskussionen anregte.

1932 kam es um einen der letzten sowjetischen Filme, die in Österreich vor dem Ende der 1. Republik noch ins Kino kamen, zu einem Eklat mit gerichtlichen Folgen: Der Film, Dziga Vertovs spektakulärer erster Tonfilm "Enthusiasmus - Das Lied vom Aufbau" über die Fortschritte des 1. Fünfjahresplanes war nur einen Tag regulär im Wiener Kreuz-Kino gelaufen, und zwar am 20.5.1932 - dem Tag, an dem Engelbert Dollfuß seine Kanzlerschaft antrat. Tags darauf wurde der Film von der Polizei wegen "Religionsstörung" beschlagnahmt und gegen die Kinobesitzerin Golda Landau und den Verleiher des Filmes, Josef Szende, ein Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs, Anzeige erstattet. Die Jüdin Golda Landau musste 1938 nach England flüchten. (1)

In den Sechzigerjahren wurde das Kreuz Kino umgebaut und aufwendig neu gestaltet. Es zählte nie zu den renommierten Lichtspieltheatern der Inneren Stadt, galt lange Zeit eher als "Revolverkino" und brachte auch in den späteren Jahren seines Bestehens eher Wiederholungen als Premierenfilme, vor allem Actionfilme aus den USA oder andere "B-Movies", Liebesromanzen, in den letzten Jahren aber auch unabhängige Filmproduktionen, die vorher an anderen Programmkinos wie dem Künstlerhaus oder der Urania gelaufen waren. Das Versprechen, anlässlich des neuerlichen Umbaus und der damit verbundenen Umbenennung in Atelier Kino, hier auch Filme in Originalsprache zu zeigen, wurde vom letzten Betreiber, der Constantin Film, nie eingelöst. Das mangelnde "eigene Gesicht" des Kino gehörte sicher zu den Gründen, warum sich das Atelier in den letzten Jahres seines Bestehens gegenüber der Konkurrenz so schwer tat. Gerade die Möglichkeit, Filme, die an anderen Kinos eher "still" angelaufen waren, hier für einen längeren Zeitraum anzubieten, zählte zu den besonderen Qualitäten des Kinos; die Chance, einen Film länger als 4-5 Wochen zu zeigen, war hier für die Verleiher von Bedeutung. Diese Chance ist nun, mit der Schließung des Kinos im Frühling 2006, für immer vertan.

Dennoch bleibt das ehemalige Kreuz Kino auch filmhistorisch relevant, zählten etwa auch spätere Hollywood-Größen wie Fred Zinnemann zu seinen Stammgästen, eher er 1938 in die Emigration ging: Zinnemann, der am Franz-Josephs-Gymnaium, der heutigen Schottenbastei, zur Schule ging, sah hier seine ersten Filme und erhielt wesentlich, prägende Impulse für seine spätere Filmkarriere: "[...] vor allem Western. Und diese Western, die waren der Grund, weshalb ich nach Amerika wollte. Wo so viel Platz war." (Zit. n. Michael Omasta, Vor allem Western. In. Falter 27/06, S. 67)

Im Juni 2006 wurde das Atelier Kino geschlossen. Letzter Konzessionär und Betreiber wardie Lichtspieltheater - Betriebsgesellschaft mbH, Geschäftsführer: Christian Langhammer.

Quelle: www.kinthetop.at

(1) Quelle hier: kinoki.at

 
 

Bilder vom Januar 2009

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