NEUER  FILMPALAST

Wiesbaden (Hessen), Schwalbacher Str. 8 

eröffnet: 1924
geschlossen: ca. 1967
Sitzplätze: 900 (1924) - 775 (1926) - 863 (1930) -829 (1953) - 860 (1958/1967)
Architekt: Reinhold Weizenhöfer (Wiederaufbau 1949 / Umbau 1955)
Betreiber: Alfred Altschüler                                      1924                              Kinoname: Paris Ciné
geschlossen                                              1925
Otto Börker                                             1926-1945                    neuer Kinoname: Filmpalast
Eugen Kemper & Friedrich Vollrath          1949-1951                   neuer Kinoname: Neuer Filmpalast
Friedrich Vollrath                                      1952
Robert König, Konstanz                           1953-1955                                                                                N5420
Rolf Theile                                                1955-ca.1967                                                                           N5537

Auch dieses Kino war etwas Besonderes in der Wiesbadener Kinolandschaft. Der Filmpalast war ein riesiges Kino mit 920 Plätzen, eigentlich im Hinterhof zwischen Schwalbacher und Karlstrasse. Heute steht dort ein Parkhaus. Zu ebener Erde ging man damals durch eine hohe und doppelt breite aber triste Hofzufahrt in den sehr großen Hinterhof direkt vor die Eingänge der flächenmäßig ebenso großen und ca. 8m hohen Turnhalle des Turnerbundes. Das Kino "saß" dort "oben drauf". Man musste vorher eine Menge (römischer) Stufen erklimmen, um im Foyer bis an die Kassen zu kommen. Auch dieses Kino hatte einen großen Rang über der normalen Zuschauer-Ebene. Dorthin musste man dann noch mehr Stufen erklimmen, um dort hoch zu kommen.

Der Theaterleiter dort war der sympatische Horst Stöver aus Köln mit seinem typischen Kölner Dialekt, hier bei uns elegant auffällig. (Hinzu kamen seine äußerst attraktive Ehefrau Giesela samt ebensolcher Tochter.) Die Büros waren in diesem Gebäude großzügig über mehrere Ebenen verteilt. Der Hammer war der Vorführraum ganz ganz oben. Es waren bestimmt "7" Etagen zu erklimmen, a 3m Höhe vom Eingang von der Straßen-Ebene aus gezählt, immer durch dieses triste Nottreppenhaus. Auch hier musste der Vorführer die schweren Filmkästen hoch und runter schleppen. Obwohl die Technik (damals) vom Feinsten war, war auch dieses Kino mit an die 900 Plätzen nie richtig voll. Dort oben arbeiteten zwei moderne Ernemann X Projektoren mit einer Telefunken-Cinevox Tonanlage. Der Neue Filmpalast besaß auch eine recht große Bühne von 9,2m x 5m, sodaß die CinemaScope Leinwand doch schon ein super Bild hergab.

Die gesamte Straßenfront zwischen Dotzheimer und Rheinstraße mit allen Häusern rund um die Nummer 8 wurde zwecks Verbreiterung der Schwalbacher Straße komplett abgerissen. Und anstelle des ehemals riesigen Kino- und Turnhallengebäudes steht dort heute ein Parkhaus.

Quelle: fernsehmuseum.info

Das Kino fiel 1945 dem großen Bombenangriff auf Wiesbaden zum Opfer. 1949 erfolgte der Wiederaufbau. Der weite Saal - in Parkett und Rang geteilt - war mit farbig behandelten Herakustik-Platten verkleidet, die ihm in ihrer mattgoldenen Tönung einen warmen Charakter verliehen. und einen guten akustischen Resonanzboden abgaben. Eine Klimaanlage saugte an einer Heizungskammer vorgewärmte Frischluft an. Sie beheizte Saal und Treppenhaus. Die Klangfilm-Vorführmaschine  war ein amerikanisches Baumuster. Die Bühne war für Varietévorstellungen und Sonderveranstaltungen aller Art geeignet. Die Künstlergarderoben und vielen Nebenräume waren in hellen, lichten Farben gehalten. Eine Besuchergarderobe für 1000 Gäste war vorhanden, ebenso eine Imbissecke.

Als Rolf Theile 1955 den „Neuen Filmpalast“ übernahm, wurde das Haus völlige umgestaltet. In der Rekordzeit von 10 Tagen und Nächten wurde durch Architekt Weizenhöfer das Haus buchstäblich „von Kopf bis Fuß“ erneuert. Konvex-Ecken erhielten konkave Rundung, der Balkon wurde zur Bühne anders geführt und der Zuschauerraum in sieben „weichen“ Weiß-bis-Rosé-Farben abgestuft. Der neue Wolkenvorhand war 13 x 8 m groß. Die nischenartige Wandgestaltung führte zu einer erheblich vergrößerten Bühne, deren meterbreiter und bogenförmig geraffter Wolkenstore ein Gedicht war Die Leinwand- und Lautsprecheranlage auf der Bühne konnten zurückgefahren werden. Ganz einfache Wandleuchten betonten die dezent vornehme Note des Hauses, das mitsamt Foyer, Treppenhaus und großflächigem Fenster sehenswert war. Mit „Der Pfarrer von Kirchfeld“ eröffnete Rolf Theile sein neues Haus. Zur Neueröffnung hatte er zu einem kleinen Imbiss eingeladen. Der Hausherr sprach Handwerkern Dank und Anerkennung aus und versprach, auf einen anspruchsvollen Spielplan Wert zu legen. Ob Filme wie der "Pfarrer von Kirchfeld" diese Kriterien erfüllte, ist aus heutiger Sicht zweifelhaft...  W5534 E5540 N5563



Saal 1949 (Bildquelle: Der Neue Film 30/1949)

Bühnenansicht 1955 (Bildquelle: Filmwoche 34/1955)

Saal 1955 (Bildquelle: Der Neue Film 63/1955)

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Datum der Erstellung/letztes Update: 22.10.2023 - © allekinos.com