SCHAUBURG

Mannheim (Baden-Württemberg), K1, 5

eröffnet: 03.08.1918
geschlossen: 31.01.1981
Sitzplätze: 900 (1920) - 1000 (1924) - 996 (1938) - 950 (1957) - 898 (1971/1981)
Architekt: Rudolf Tillessen (Neubau Bernadusfof 1900) - Jakob Schneider / Bischoff (Umbau 1924) - Alber (Umbau 1928) - Jakob Morkel (Umbau 1957)
Betreiber: Theodor Bläser                                                                                                                                  1918-1924
Ufa                                                                                                                                                    1924-1927
Palast-Lichtspiele A.-G., Stuttgart Gf: Leonhard Würthele, später Walter Schwarze u. Fritz Ehlers      1928-1945
Dr. Künzig                                                                                                                                         1957-ca.1970
Dieter Spickert                                                                                                                                  ca.1971-1981                    

Das Kino wurde 1918 als Ersatz für den abgebrannten "Saalbau" im Bernadushof eingerichtet. 

1924 ging der Betrieb auf die "Ufa" über. Diese schloss das Theater und ließ durch den Leiter ihrer Bau-Abteilung, Baurat Bischoff, einen umfassenden Umbau und eine Neueinrichtung vornehmen. Freitag, den 19. September 1924 wurde das Theater als "Ufa-Theater Schauburg" mit einer Festvorstellung neu eröffnet. Über dem Eingang in der Breiten Straße grüßte den Besucher schon von weitem der Name des Theaters auf rotleuchtenden Neon-Röhren. Der Kassenraum wurde dadurch vergrößert, das man die Schalter zurückgerückt hatte. Zu beiden Seiten waren Reklame-Werbekästen angebracht.  Für die Wände und die kassettierte Decke - in der Mitte eines jeden Feldes strahlte eine Mattglasbirne - war ein warmer gelber Ton gewählt worden. Der zur Treppe führende Gang wurde zur Hofseite verbreitert. Die unpraktische Pendeltür war verschwunden.  Zur Linken wurde ein Vestibül mit Korbsesseln als Sitzgelegenheit geschaffen. In den Raum zur Rechten der zum Saal führenden Treppe wurde die Garderobe untergebracht. Daran schloss sich das Büro des Theaterleiters an. Der Theatersaal wirkte völlig neuartig. Der Raum war in warmen Farben, mausgrau mit einem lebendigen Rot, gehalten Das Wechselspiel dieser beiden Grundfarben, zu denen sich goldene Verzierungen gesellten, war überaus reizvoll. Acht formschöne, nach besonderen Entwürfen hergestellte Beleuchtungskörper waren in ihrem transparenten Charakter auf die Farben des Raumes abgestimmt. Die Sitze, deren Anzahl auf tausend erweitert werden konnte, waren in bequemer, neuartiger Form mit vollgebogenen Rückenlehnen und rotem Plüschbezug hergestellt. Die früheren Galeriefenster waren verschwunden - vor sie wurde eine Rabitzwand gezogen. Die Wölbung der Decke begann schon auf der Galerie. Die Maschinen im Vorführungsraum waren mit einer neuartigen Luftkühlung und mit automatischem Umschalter von einer Maschine zur anderen versehen, beides Einrichtungen, die der Technischen Abteilung der Ufa kurz zuvor patentiert wurden. Die Bühne wurde gleichzeitig erweitert und für Bühnenschaudarbietungen hergerichtet. Der Eröffnungsvorstellung wohnten der Oberbürgermeister von Mannheim, der zweite Bürgermeister sowie sämtliche übrigen Mitglieder des Magistrats und der größte Teil der Stadtverordneten bei. Nach der Festouvertüre (Lortzing) begrüßte Hans Godeck vom Mannheimer Nationaltheater mit einem Prolog die Gäste, dann folgte ein Film über die schwedische Olympiade, ein Fix und Foxy-Film ("Fix & Foxy als Spiritisten") sowie im Hauptprogramm „Rin-Tin-Tin. der Hund von Karibu". Ein ausgezeichnet zusammengestelltes Orchester begleitete die Darbietungen. Umbau und Eröffnung wurden von der Bezirksinspektion Südwest-Deutschland der Ufa-Theater-Betriebs-Gesellschaft geleitet. Das Theater selbst unterstand Herrn Kusch,dem bewährten Geschäftsleiter des Ufa-Theaters (U. T.) Mannheim, dem nunmehr beide Mannheimer Ufa-Theater anvertraut waren. Kusch wurde später selbstständig in Heidelberg aktiv)         L24109 K24918
Quelle u.a.: Mannheimer Generalanzeiger 13.9.1924

Eine weitere Renovierung erfolgte 1928 mit dem Wechsel zur neuen Direktion unter Leonhard Würthele. Innerhalb von fünf Tagen wurden die Ideen von Baurat Früh aus Stuttgart und Archtekt Alber umgesetzt.  Der vorher halbdunkle Saal wurde in einen hellen, luftige Raum umgewandelt. Die Lichtverteilung brach mit der Tradition der verdeckten Lampen - das Licht flutete hell und ungehindert in den Raum. Weiche Teppiche dämpften den Tritt. Die (Wieder-)eröffnungsfeier wurde durch die Loreley-Ouverture von Max Bruch eingeleitet. Kapellmeister war weiterhin Herr Jodler. Nach einigen Reden, in denen unter Anderem die hohe Steuerlast der Branche angeprangert wurde, lief am 31. März der Monumentalfilm "König der Könige" über die Leinwand.
Quelle: Mannheimer Generalanzeiger Ausgabe 2.4.1928 

Ab 1945 fand hier das Nationaltheater eine Spielstätte als Ersatz für das zerstörte Stammhaus. Nach dem Theaterneubau am Goetheplatz wurde ab Freitag, den 12. April 1957 wieder Kino gespielt. Kassenraum und Aufgang blieben unverändert. Der Balkon wurde abgerissen. Stattdessen wurde das Parkett amphitheatrisch mit 9 bis 15% Steigung bis in Balkonhöhe gezogen, um darunter Platz für die Garderoben zu schaffen. So vergrößerte sich das vorher recht kleine Foyer um 150%. Dessen Boden wurde mit Marmorplatten ausgelegt.  Der Eindruck der Weite wurde durch die Farbgebung der Wände in Rot-Blau-Gelb unterstrichen. Die Garderoben, früher unter den schmalen Treppenaufgängen versteckt, wurden auf die gegenüberliegende Wandseite verlegt und boten Platz für etwa 600 Kleidungsstücke. Drei Stufen führten zu den Eingängen im Parkett. Durch diese Erhöhung wurde - zunächst rein optisch für den Besucher - die Steigung des Parketts gemildert. Die 16,20 m breite und 6,50 m hohe Harkness-Silberwand war zu diesem Zeitpunkt die drittgrößte Leinwand im Bundesgebiet. Kunstmaler Rudi Baerwind schuf mit einfachen Mitteln eine verblüffende Raumwirkung. Der Vorhang war in den Farben Blau, Weiß und schwarz gehalten. Die Seitenwände aus Variantex-Holzplatten schufen abstrakte farbige Lichteffekte. Die 900 in 35 Reihen angeordneten, cordüberzogenen, hochgepolsterten Klappstühle und 40 Notsitze waren mit ihren Farben Honiggelb und Lichtblau weitere "Kleckse" in der gelungenen Farbkomposition unter der bordeauxroten Decke. Im letzten Drittel des raumes ragten noch 2 "Gondeln" - als Logen bezeichnet - in den Raum. Der Vorführraum wurde tiefer gelegt.  Die alte Kabine, aus der heraus in Theaterzeiten die oft kritisierte Reklame für Waschmittel oder Käse (eine Idee für heutige Theater mit Finanzierungsproblemen?) vor den Vorstellungen projiziert wurde, lag zu hoch. Der Winkel hätte sich vor allem bei CinemaScope-Vorführungen nachteilig ausgewirkt. So wurde in diesem Raum eine Batterie für Notstrom eingebaut. Die neue Kabine ragte etwas in die letzten Sitzreihen hinein und war mit Sillan-Wollplatten abgedeckt. In ihr standen Bauer B 12-Maschinenmit 110 Ampére-Lampen und die gesamte Klangfilm-Anlage mit 34 Kanälen. Eröffnungsfilm war "Der König und ich" mit Deborah Kerr und Yul Brunner.   E5739
Quelle u.a: Mannheimer Morgen Ausgabe 11.4.1957

In den letzten Jahren liefen hier hauptsächlich B-Movies und Karatefilme sowie die "Rocky Horror Picture Show". Man sah dem Kino an, das keine Renovierungen mehr getätigt wurden. 

Nach einigen Jahren des Leerstands wurde die "Schauburg" abgerissen und eine Ladenpassage mit dem MVV-Kundenzentrum eingebaut, die allerdings  nur kurz Bestand hatte. Heute (2015) ist hier der Jobcenter der Stadt.


Saal 1957 (Bildquelle: Der Neue Film 32/1957)

Weitere Informationen und Bilder hier, hierhier

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